Die Herausforderungen, vor denen Unternehmen stehen, sind vielfältiger denn je. Ob es darum geht, am volatilen Markt zu bestehen, Veränderungen zu gestalten, Innovation voranzutreiben oder Führung neu zu denken – die Art des Problems bestimmt, welche Herangehensweise zum Erfolg führt. Der deutsche Systemtheoretiker Gerhard Wohland unterscheidet dabei zwischen blauen und roten Problemen – ein Konzept, das auf den ersten Blick simpel erscheint, jedoch tiefgreifende Erkenntnisse für die Unternehmenspraxis bietet.
Doch was verbirgt sich hinter blauen und roten Problemen? Dieser Artikel gibt eine Einführung in die Unterscheidung, zeigt ihre Relevanz für Organisationen auf und legt die Grundlage für eine weiterführende Diskussion zu Führung, Innovation und Veränderungsmanagement.

Blaue Probleme: Herausforderungen der Klarheit und Wiederholbarkeit
Blaue Probleme sind diejenigen, die klar strukturiert, berechenbar und wiederholbar sind. Sie lassen sich mit bestehenden Methoden und Werkzeugen lösen, weil die Anforderungen und die Parameter bekannt sind. Beispiele für blaue Probleme sind:
Effizienzsteigerung in bestehenden Prozessen
Automatisierung von Arbeitsabläufen
Optimierung von Lieferketten oder Produktionsprozessen
Gerhard Wohland beschreibt blaue Probleme als Herausforderungen, die innerhalb eines stabilen Umfelds bearbeitet werden können. Planung, Kontrolle und Standardisierung sind hier die zentralen Ansätze.
Er beschreibt es auch dahingehend, das dabei Wissen das zentrale Element ist, dass es braucht, um diese Problemstellen zu lösen. Wissen, das aus Erfahrung entstand, bei der Lösung ähnlicher Probleme.
Blaue Probleme korrespondieren auch stark mit den Konzepten des episodischen Wandels und des Change-Managements, wie sie im Beitrag „Change vs. Transformation“ dargestellt wurden. Während episodische Veränderungen oft punktuell und vorhersehbar sind, werden sie häufig durch das Lösen blauer Probleme initiiert.
Rote Probleme: Komplexität und Unvorhersehbarkeit
Rote Probleme hingegen bewegen sich in einem völlig anderen Kontext: Sie sind komplex, dynamisch und nicht vollständig berechenbar. Oft handelt es sich um Situationen, in denen weder die genaue Ursache noch die Lösung im Voraus bekannt ist. Beispiele sind:
Die Entwicklung von Innovationen in unübersichtlichen Märkten
Führung in komplexen Organisationen mit widersprüchlichen Anforderungen
Kultureller Wandel und die Förderung von psychologischer Sicherheit
Rote Probleme erfordern eine kreative, flexible und iterative Herangehensweise. Statt Planung und Kontrolle stehen hier Erfahrung, Intuition und kontinuierliches Lernen im Mittelpunkt.
Hier beschreibt Gerhard Wohland es auch dahingehend, dass es Können braucht, um Ideen zu entwickeln, die eine mögliche Lösung sein können für diese neuen Problemstellen, für die es auch so noch keine genau passenden Erfahrungen gibt.
Rote Probleme überschneiden sich stark mit den Herausforderungen der Transformation, wie im Artikel „Change vs. Transformation“ beschrieben. Auch der Beitrag zur „Gruppendynamik“ zeigt, wie sich rote Probleme in sozialen Kontexten entfalten können, etwa durch die subtilen Dynamiken, die in Teams Innovation fördern oder behindern.

Warum ist eine Unterscheidung der Probleme für Organisationen so wichtig im Change, in der Transformation oder zur Förderung von Innovation?
Die Unterscheidung zwischen blauen und roten Problemen ist entscheidend, weil sie Organisationen hilft, die richtige Herangehensweise zu wählen. Viele Veränderungsprojekte scheitern, weil rote Probleme mit den Werkzeugen blauer Probleme angegangen werden. Dies führt oft zu Frustration, Ineffizienz und Widerständen.
Typische Fehler:
Blaue Ansätze für rote Probleme: Ein Unternehmen versucht, Innovation durch strenge Planung und Kontrollmechanismen zu erzwingen – und erstickt dabei die notwendige Kreativität.
Unklare Problemdefinition: Führungskräfte erkennen nicht, dass sie es mit einem roten Problem zu tun haben, und wenden standardisierte Methoden an, die für stabile, planbare Situationen gedacht sind.
Konformitätsdruck: Gruppendynamiken (siehe „Gefahr für Innovation durch Gruppendynamik“) verstärken den Druck, bei roten Problemen in den sicheren Bahnen blauer Lösungsansätze zu bleiben.
Führung in der Welt der roten Probleme
Besonders spannend wird die Unterscheidung, wenn es um Führung geht. Laterale Führung (siehe „Laterale Führung in Matrixorganisationen“) zum Beispiel ist ein Paradebeispiel für den Umgang mit roten Problemen: Sie verlangt von Führungskräften, ohne formale Macht Einfluss zu nehmen und sich in komplexen sozialen Dynamiken zu bewegen.
Erfolgsfaktoren für Führung bei roten Problemen:
Förderung von psychologischer Sicherheit: Nur wenn Mitarbeitende sich sicher fühlen, neue Ideen zu äußern und Fehler zu machen, entsteht der Raum für kreative Lösungen.
Iteratives Vorgehen: Rote Probleme erfordern Flexibilität und die Bereitschaft, aus Experimenten zu lernen.
Offene Kommunikation: Rote Probleme werden leichter gelöst, wenn alle Perspektiven einbezogen werden und Führungskräfte klare Kommunikationsräume schaffen.
Ausblick: Von der Theorie zur Praxis
Dieser Artikel hat die Grundlagen zur Unterscheidung von blauen und roten Problemen gelegt und aufgezeigt, warum die Unterscheidung der Probleme wichtig ist im Change in der Transformation und wie es zu mehr Innovation beitragen kann. Wie können Unternehmen dieses Wissen praktisch nutzen, um diese Zusammenhänge auch umzusetzen? Dazu werden hier weitere Beiträge folgen, wo darauf eingegangen wird, wie Organisationen:
Rote Probleme identifizieren und ihre Komplexität akzeptieren
kreative Lösungen fördern und Konformitätsdruck vermeiden
und ihre Führungskultur weiterentwickeln, um auf dynamische Herausforderungen besser vorbereitet zu sein.
Lassen Sie uns gemeinsam individuelle Lösungen für rote Probleme entwickeln
Die Herausforderungen der roten Probleme verlangen neue Ansätze – und Führungskräfte, die den Mut haben, Unbekanntes zu erforschen. Ich biete gezielte Beratung sowie Workshops an, um Organisationen fit für die Bewältigung dieser Dynamiken zu machen. Gemeinsam entwickeln wir Strategien, die Ihre Teams befähigen, komplexe Herausforderungen innovativ und nachhaltig zu lösen.


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Ing. René Vormündl, MBA